Dienstag, 4. November 2008D-Day
Es ist soweit! November 4th. Dieser Tag wird vielfach als historischer Tag bezeichnet. Die Amerikaner wählen (endlich!) einen neuen Präsidenten. Das eigentliche Rennen ist vermutlich schon gelaufen. In vielen Bundesstaaten konnten die Wähler schon in den letzten Tagen ihre Stimme abgeben und haben diese Möglichkeit auch genutzt. Spannend bleibt es dabei trotzdem, denn so überdeutlich ist Obamas Vorsprung nicht, wie es immer in den europäischen Medien rüberkommt. Die Stimmung hier vor Ort ist doch sehr verschieden.
Falls die verehrte Leserschaft heute nachts nichts anderes zu tun hat (schlafen wird chronisch überbewertet), empfehle ich die live Übertragung des ZDF im Internet. Klaus Kleber ist zu Gast an der American University, meiner Uni und wir werden dabei sein. Hier noch der zum Tag passende Song: Norah Jones, My dear country (den interessanten Text findet ihr zum Beispiel hier) Sonntag, 2. November 2008All Hallows Eve
... ist wohl besser bekannt als Halloween. Am 31. Oktober war es mal wieder Zeit für Geister, Gespenster und Tote. In den USA wird dieses Fest fast schon wie Weihnachten zelebriert. Wochenlang ist die wichtigste Frage, welches Kostüm man trägt und auf welche Party man geht. Die größte Party in DC findet auf der M Street statt und nennt sich passend „Nightmare on M Street“. Die Party erstreckt sich von Georgetown über Dupont Circle bis nach China Town, die gesamte M Street eben.
Das beliebteste Kostüm in diesem Jahr war wohl mit Abstand Sarah Palin. Egal wo man hin kam, Sarah Palin war in mindestens 5facher Ausführung da. Das nenne ich eine gespaltene Persönlichkeit. Abgesehen davon gab es eine unglaubliche Vielfalt an Verkleidungen. Ganz klassisch waren natürlich Vampire, Gespenster, Leute mit Messern im Kopf unterwegs, aber auch Chiquita Bananen, Tinkerbell, Tigger, Computertasten, Engel und sonstige Kreaturen. Nun wollt ihr sicher wissen, als was ich gegangen bin. Ganz einfach: cute German girl. Ich HASSE Halloween. Das liegt wohl an meiner Vergangenheit als gebürtige Schwäbin. 15 Jahre lang waren 2 bis 3 Monate im Jahr für Fasching reserviert. Verkleiden, Parties, lustig sein. Mein Gott, wie sehr habe ich es gehasst. Meine Lust, mich zu verkleiden und kreative Kostüme zu finden ist mir ein für alle mal vergangen. Und so habe ich Halloween ganz unspektakulär in einem Kino in Chinatown verbracht. Allerdings war die Metro-Fahrt sehr amüsant. All die Kreaturen und Verkleidungen anzuschauen ist ganz nett (wobei ich mich öfter mal gefragt habe, ob sich die Amerikanerinnen nicht ihren Allerwertesten in diesen knappen Kostümchen abfrieren). Gesehen habe ich im Übrigen „Changeling“, den neue Film mit Angelina Jolie. Sobald er in Deutschland anläuft, empfehle ich, ihn unbedingt zu sehen. Er zeigt, dass die Realität oft weitaus grausamer und brutaler sein kann, als das gruseligste Halloween Kostüm. Samstag, 1. November 2008Barack Obama glaubt nicht an den Bradley-Effekt
Kürzlich ging es hier um den Bradley-Effekt, der angeblich schwarze Spitzenkandidaten um den sicher geglaubten Sieg bringen kann. In einem Interview mit seinem Lieblings-Demokraten hat Jon Stewart sich vorgestern erkundigt, was Mr. Obama selbst eigentlich zum Thema zu sagen hat (kommt ab 4:46).
Jon Stewart: The polls have you up, but then they keep talking about this ‘Bradley Effect’ -- this idea that white voters, when they go to the polls, they’ll tell pollsters they’re gonna vote for an African American, but they won’t actually do it. Ich hoffe wirklich, dass der Mann mit seinem Optimismus richtig liegt. Dienstag, 28. Oktober 2008Wir haben doch keine Zeit!
Europa hat’s schon hinter sich, in den USA kommt’s noch: die ewige Fragerei, von wegen „Stelle ich die Uhr jetzt eine Stunde vor oder zurück?“. Während sich die Europäer bereits von der Sommerzeit verabschiedet haben, steht es mir hier in DC noch am nächsten Wochenende bevor.
Diese im wahrsten Sinne des Wortes Zeitverschiebung ist neu. Bis vor zwei Jahren haben Europa und die USA zur selben Zeit auf Sommer- bzw. Winterzeit umgestellt. 2005 wurde das aber geändert und seit 2007 herrschen neue Regeln in den USA. Dank dem Energy Policy Act of 2005 gibt es jetzt 4 Wochen länger Sommerzeit als noch 2006, vom 2. Sonntag im März bis zum 1. Sonntag im November. Die Verlängerung im November hat einen triftigen Grund: die Kinder sollen ihre “Trick or Treat”-Streifzüge (kann man im Übrigen auch bei allen Botschaften in DC machen!) noch bei etwas Tageslicht zu machen können. Ich würde sagen, das ist ein durchaus ernst zu nehmender Grund. Schließlich gibt es auch so was wie einen Halloween Safety Act von 2004, dem Vorläufer und eigentlichen Begründer der Ausweitung der Sommerzeit im November. Einen Vorteil hat das ganze auch. Auf einmal sind die USA nur noch 5 Stunden hinter Deutschland her, was die Kommunikation ein bisschen erleichtert. Allerdings ja nur für eine Woche. Und das Problem an der Sache ist, dass mein Laptop auf Deutschland-Zeit läuft und ich automatisch immer 6 Stunden abziehe. Jetzt bin ich eben für eine Woche etwas verwirrt, was Zeitangaben betrifft. Sollte ich irgendwen in Skype verpassen, es ist nicht persönlich gemeint. Ab Sonntag geht wieder alles seinen geregelten Gang. Mittwoch, 22. Oktober 2008Lame Duck Production Proudly Presents: W.
In genau zwei Wochen werde ich um diese Uhrzeit mit vielen anderen Studenten in der Cafeteria des Tenley Campus sitzen und auf die Ergebnisse der Auszählungen an der Ostküste warten (die Westküste schließt da gerade mal die Wahllokale. Danke an die Zeitverschiebung, wenn’s schlecht läuft muss ich noch bis in die frühen Morgenstunden aufbleiben, um zumindest die exitpolls aus California zu sehen). Dann ist es aber endlich so weit: die USA hat sich für einen neuen Präsidenten entschieden.
Wird so langsam auch mal Zeit, mag man denken. Und um ehrlich zu sein: meiner Meinung nach ist es allerhöchste Zeit. Mr. Bush kann so langsam anfangen seine Koffer zu packen. So viel Zeit ist nicht mehr, bis der neue Präsident vereidigt wird und Bush aus dem (in Wirklichkeit ziemlich kleinen) White House ausziehen muss. Es wird höchste Zeit, scheint sich auch Oliver Stone gedacht zu haben. Er hat Bush die Ehre zu Teil kommen lassen, als erster US-Präsident noch während seiner Amtszeit ein Biopic (eine Filmbiografie) zu bekommen. Ob er sich darüber überhaupt gefreut hat sei mal dahin gestellt. Letzte Woche lief der Film mit dem schlichten Title „W.“ in den US-Kinos an. Aber was ist er nun? Satire, Tragödie, Melodrama, Komödie? Von allem etwas. Er ist beißend satirisch, wenn Bush und seine Crew nach einem guten Namen für die rouge states Nord Korea, Iran und Syrien suchen („Axis of evil“ macht letztendlich das Rennen). Er ist unglaublich tragisch, wenn man mit ansieht, wie die Entscheidung für einen Krieg im Irak gefällt wird. Er ist melodramatisch (und auch ziemlich übertrieben), wenn Bush sich als wiedergeborener Christ entdeckt, dem Gott den Auftrag gegeben hat, Präsident zu werden. Das komödiantische Talent wird unter Beweis gestellt, wenn sich Bush mit seinem Beraterstab auf der Familienranch in Texas verirrt und in sengender Hitze durch die Gegend stapft. Der Film ist keine Wiedergabe der Amtszeit des Präsidenten Bush. Er zeichnet den Weg von Bush, dem Fratboy, dem Säufer, dem Loser nach, der eher zufällig ins Weiße Haus kommt. Und damit lässt er die Dinge, die mich mehr interessieren, fast ganz aus oder berührt sie nur kurz.: die eigentliche Wahl 2000, die Wiederwahl 2004 und die nun anstehende Wahl 2008. So wird die Präsidentschaft nur auf das Thema Irakkrieg reduziert. In den Vordergrund tritt dafür der Daddy-Komplex, Bush sen. vs. Bush jr., der 41. gegen den 43. Präsidenten. Ziemlich ausführlich und vielleicht auch nicht ganz der Realität entsprechend wird die Beziehung von W. zu seinem Vater als ein ständiger Kampf um Anerkennung dargestellt. Interessant ist der Film, wenn auch nicht ganz der Realität entsprechend. Es ist Fiktion, die auf realen Charakteren basiert. So sieht es zumindest die New York Times. Warum aber braucht man überhaupt einen Film über George W. Bush? Gute Frage! Vielleicht kann er als eine Art Spiegel dienen und den Amerikanern zeigen, wen sie zu ihrem Präsidenten gewählt haben (bei der Wiederwahl 2004 war die Mehrheit doch deutlich), damit sie dieses Mal besser über ihre Entscheidungen nachzudenken. Für uns Europäer ist er einfach eine nette Unterhaltung, mit all den schönen Slapstickeinlagen, die uns das Weiße Haus in den letzten 8 Jahren so geliefert hat: vom „Pretzel-incident“ bis zu „Fool me once, shame on you. Fool me twice, shame .... ähhhh”. Bald ist es damit vorbei und das ist auch gut so. Sonntag, 19. Oktober 2008Wortgefechte Part 4
Die dritte und letzte Debatte fand vergangene Woche statt. Gott sei dank!!!! Ganz im Ernst: So langsam kann ich’s nicht mehr hören. Wie gut, dass in 2 Wochen und 2 Tagen (DC-Zeit) endlich Election Day ist.
Die finale Debatte zwischen den beiden Präsidentschaftskandidaten John McCain und Barack Obama folgte neuen Regeln. Die Kandidaten konnten dieses Mal direkt mit einander debattieren und dadurch kam zwar etwas mehr Leben in das Ganze, am Inhalt ändert das allerdings nicht viel. Es scheint in diesem Wahlkampf einfach keine anderen Themen außer der Finanzkrise und Steuern zu geben. Okay, vielleicht noch Healthcare, aber das wars dann auch. Nachdem ich wirklich jede Debatte ausführlich gesehen und viele Analysen dazu gelesen habe, kenne ich die Standpunkte der Kandidaten zu diesen Themen wirklich zu genüge. Wie bereits bei der letzten Debatte bin ich unglaublich gelangweilt von dem ewigen „Ich werde die Steuern senken und der andere die Steuern erhöhen.“ Und es sind auch einfach keine shocking news, wenn McCain zum dritten Mal erzählt, dass Obama einen Beamer für ein Planetarium irgendwo in Illinois ins Federal Budget eingebracht hat. Interessiert das die Amerikaner wirklich? Meiner Erfahrung nach interessiert es nur diejenigen, die sich längst entschieden haben. Denjenigen, die immer noch nicht wissen, wen sie in zwei Wochen wählen, gehen diese Sandkastenstreiterein genau wie mir eher auf die Nerven. Es sind andere Themen, die die Amerikaner bewegen. Bildung zum Beispiel. Interessant fand ich, dass John McCain zum ersten mal überhaupt das Wort Education erwähnt, als er von Moderator Bob Schaefer direkt danach gefragt wurde (wohlgemerkt das bezieht sich auf alle 3 Debatten). Obama dagegen hat in jeder Debatte von Bildung gesprochen, dass sie bezahlbar gemacht werden müsse und vor allem verbessert. Das sind Themen, bei denen ich hellhörig werde und aufhöre, im Internet zu surfen und wirklich die Debatte verfolge. Aus diesen Blickwinkel ist lediglich die letzte halbe Stunde der gesamten Debatte interessant. Der Wahlkampf an sich ist auch zur Abwechslung mal Thema und natürlich kochen da die Emotionen hoch. Die wohl wichtigste Frage des gesamten Abends allerdings ist eine ganz andere: „Who the hell is Joe, the Plumber?“ Ich habe mir über eine Stunde lang genau diese Frage gestellt. Blöd, wenn man die ersten 10 Minuten verpasst hat, in denen das erklärt wurde. Aber unser guter Freund John McCain ist so nett und erklärt es uns noch mal: (nur ungefähr die ersten ein ein halb Minuten sind interessant) (Ach ja, der Klempner heißt Joe WurzelBACHER und nicht Wurzelberger, John!) Wie es scheint bin ich aber nicht die einzige, die sich diese Frage gestellt hat. Gott sei dank hat sich meine bevorzugte Nachrichtenquelle ebenfalls damit auseinander gesetzt. Und noch viel besser: sie bietet mir schonungslosen Enthüllungsjournalismus! Damit ist der Mythos von Joe, the Plumber wohl gestorben. Tja, ab und zu sollte man nachdenken und vielleicht auch nachrechnen bevor man sich ins politische Getümmel wirft. Was bleibt mir zu diesen Debatten zu sagen? Nicht viel, vermutlich. Es wird Zeit, dass gewählt wird. Erstens, um diesen Wahlkampf zu beenden und zweitens, damit ich das Weiße Haus endlich wieder ernst nehmen kann. Was mich zu so einer Skepsis zum derzeitigen Bewohner treibt? Kleiner Tipp: W. Dienstag, 14. Oktober 2008Wortgefechte Part 2 und 3
Ja, ich weiß, ich hänge etwas hinterher. Die Debatte der Vizekandidaten ist schon ein einhalb Wochen her und auch die zweite Obama – McCain-Debatte fand schon vor einer gefühlte Ewigkeit statt. Die Schuld ist bei meinem Professor (dem friendly frustrated Latin-American Dictator, wie er sich selbst nennt) zu suchen. Am Mittwoch hatte ich das erste Midtermexam zu überstehen und da musste der Präsidentschaftswahlkampf hinter Models of Decision-making und Schools of Thought in der Amerikanischen Außenpolitik anstehen. Das erste Wochenende in vorübergehender „Freiheit“ habe ich dann auch genutzt, um mit den wichtigen politischen Ereignissen aufzuholen. Gesagt, getan!
Fangen wir vorne an, bei Biden versus Palin, ein mit großer Spannung erwartetes Duell. Von Palin wurden gröbere Patzer in Sachen Außenpolitik (aber das kennen wir ja schon) erwartet, Biden wurde davor gewarnt zu geschwätzig und zu herablassend zu wirken. Von Anfang an war die Differenz zwischen den beiden Kandidaten erkennbar. Ich würde sie mal als „das Schulmädchen und den Staatsmann“ bezeichnen. Allein schon das erste Aufeinandertreffen der beiden Kandidaten machte das deutlich. Ich habe mal wieder gelacht, als Sarah Palins erste Frage an Senator Biden „Hey, can I call you Joe?“ war. Bidens Antwort ist leider in den TV-Aufnahmen nicht zu verstehen und auch das Transcript gibt keinen Aufschluss. Ein weiteres mal war ich von Frau Palins großartigem argumentativem und logischem Talent erstaunt als es um Bildung ging: (zu Biden) „I know education you are passionate about with your wife being a teacher for 30 years, and god bless her. Her reward will be in heaven, right?“ Klar, in den USA lässt sich ja alles mit Glauben bezahlen. Die Debatte sonst war ganz interessant. Vor allem das Thema Außenpolitik war natürlich aus meiner Sicht spannend. Ich muss offen zugeben: Sarah Palin hat sich ganz gut geschlagen; besser als ich erwartet habe. Schade! Ich hatte mich so auf Ausrutscher gefreut. Trotzdem war es ein meilenweiter Unterschied zwischen der Governor aus Alaska und dem Senator aus Delaware. Deutlich wurde dies, wenn es um das Voting Record ging. Palin pries immer wieder die Abstimmungen McCains an, dass er gegen Steuererhöhungen und für eine Erhöhung der Truppenfinanzierung gestimmt habe. Peinlich und auch irgendwie lustig wird’s dann, wenn Biden darauf antwortet. Im Gegensatz zu Palin war er nämlich vor Ort im Senat und kann erklären worum es wirklich in den Bills ging und korrigiert auch ab und zu Palins Aussagen. Auch hier zeigt sich mal wieder: die eine redet über Politik, der andere macht schon seit einer Weile Politik. Das Schulmädchen und der Staatsmann eben. Das zweite Aufeinandertreffen zwischen Obama und McCain fand wenige Tagen nach der Vizepräsidentendebatte statt. Dieses Mal galten andere Regeln. Das Publikum stellte die Fragen und alle Bürger hatten die Möglichkeit, per email ihre Fragen einzusenden. Die Auswahl traf der großartige Moderator Tom Brokaw von NBC News. Von den beiden Kandidaten war ich allerdings eher enttäuscht. Diese Form der Debatte ist großartig, um bei den Wählern als offen, unkompliziert und bürgernah zu punkten. Aber wirklich genutzt hat weder Obama, noch McCain diese Chance. Wenn Bürger eine Frage stellen, dann sollte man sie auch beantworten und das nicht als Einladung nutzen, um über sein Voting Record und seine großartigen Pläne, die man für die Präsidentschaft hat, zu philosophieren. (Geht mir bei vielen meiner Guest Speaker genauso! Beantwortet doch einfach mal meine Frage, so schwer kann das doch nicht sein!) Was die Kandidaten zu sagen haben, ändert sich wohl kaum bis zur Wahl. Um so langweiliger wird es, wenn man zum fünften Mal McCains Vorwurf hört, dass sich Obama ohne Vorbedingungen mit Irans Präsidenten Ahamadineschad zu Gesprächen treffen würde und man zum fünften Mal die selbe Antwort von Obama hört. Also war auch dieses Duell wenig spektakulär. Einen kleinen Aussetzer gönnte sich McCain aber dann doch: By the way, my friends, I know you grow a little weary with this back-and-forth. It was an energy bill on the floor of the Senate loaded down with goodies, billions for the oil companies, and it was sponsored by Bush and Cheney. (Wer möchte kann sich das auch gerne in Bild und Ton anschauen) Es gibt sicher irgendwo ganz genaue Zahlen darüber, ob diese überhaus herablassende Antwort geschadet hat. Ich bin mir allerdings auch ohne ziemlich sicher, dass sie nicht zu seinem Vorteil ausgelegt wird. (Wie ich heute glesen habe, wir dieser Fingerzeig von den Kritikern als Verletzung der politischen Höflichkeit gewertet.) Politik hin, kritische und kontroverse Debatte her. Das Ende dieses Aufeinandertreffens zeigte dann allerdings auch, worum es in diesem Wahlkampf wirklich geht: die perfekte mediale Inszenierung. Und dabei stehen einem die Kandidaten auch ab und zu im Weg... Donnerstag, 9. Oktober 2008McCains Running Mate heißt Bradley Effect
Unter dem so genannten Bradley Effect versteht man das Phänomen, demzufolge schwarze Kandidaten am Wahltag weniger Stimmen erhalten, als die Umfragen suggerierten -- wenn der Gegner weiß ist. Üblicherweise erklären Wissenschaftler diesen Effekt mit einem versteckten Rassismus der Wähler, den sie in Umfragen nicht zugeben wollen, aber in der vertraulichen Atmosphäre einer Wahlkabine voll und ganz ausleben.
Seinen Namen hat der Effekt von Tom Bradley, der 1982 schwarzer Gouverneur werden wollte, dann aber in letzter Sekunde einen enormen Vorsprung einbüßte. Drei Wochen vor der Wahl hatte ein Stratege des Gegners beiläufig erklärt, rassistisch motivierte Stimmen könnten einen großen Unterschied ergeben. Zusammen mit anderen Faktoren dürfte dieses Vorgehen dem weißen Kandidaten zum Sieg verholfen haben. Pat Morrison in der LA Times disgnostiziert einen Wandel: Heutzutage seien die Umfragen besser entwickelt und die Rassisten ehrlicher, sodass der Effekt weniger stark ausfallen dürfte. Obama führt, obwohl die weiße Unterschicht korrekt in die Prognosen einbezogen wurde. Alles in Ordnung also? I called up Charles Henry, who teaches African American studies at UC Berkeley. In 1983, he was the first to measure the Bradley effect. Yes, perceptions of race are changing, but still, for Obama now, as for Tom Bradley then, Henry calculates that it will take “a double-digit lead to feel confident come election day.” Wir dürfen weiterhin gespannt sein. Damit hier im Obama-Land mal ein bisschen Fairness herrscht, sei übrigens noch auf eine Parallele hingewiesen: Die Art und Weise, wie McCains Gegner dauernd von Sarah Palin sprechen, die “just a heartbeat away from being President” sei, ist ähnlich link und diskriminierend wie suggestiver Rassismus. Neben der Diskriminierung McCains wegen seines Alters und berechtigter Kritik an Palins fachlichen Kompetenz schwingt da nämlich eine ganze Menge Sexismus mit. Nicht nur von der Gegenseite: Poor Sarah! Mittwoch, 1. Oktober 2008Man muss die Feste feiern wie sie fallen
Die USA sind dafür bekannt, in Sachen religiöser Freiheit überaus tolerant und rücksichtsvoll zu sein. Welch Konflikte dadurch entstehen können, demonstriert der Streit um die Weihnachtskarten des Weißen Hauses vor drei Jahren.
Was aber Feiertage angeht sind sich alle einig: gefeiert wird, egal welche Religion. Das gehört auch zu den Codes of Conduct meiner Universität. Jeder Student hat das Recht, Feiertage seiner Religion frei zu nehmen. Wie ich ausgerechnet heute darauf komme? Für alle, die es nicht wissen: heute ist Rosch ha-Schana, das jüdische Neujahrsfest (also heute meiner Zeit, sprich Dienstag, nicht Mittwoch, also gestern für Deutschland. Ach, ihr wisst schon, was ich meine. Dumme Zeitverschiebung!). Deswegen hat meine Roommate heute morgen auch noch geschlafen, als ich mich auf den Weg zur Arbeit gemacht habe. Ihr Professor ist Jude und hat deswegen heute frei, somit auch seine ganze Klasse. Meine andere Roommate sieht das ganz praktisch. Man könnte doch je nach Belieben die Religion wechseln und somit alle Feiertage mitnehmen. Da sie zu keiner hier anerkannten Religion gehört (sie stammt aus Afrika), hat sie beschlossen, mal jüdisch, mal christlich, mal muslimisch und wenn’s ihr passt auch hinduistisch zu sein. Fest eingeplant ist zumindest schon mal Simchat Torah. Vielleicht sollte ich mir ein gutes Beispiel an ihr nehmen. Wozu bin ich eigentlich gläubige Katholikin und darf mir deswegen die dümmsten Sprüche anhören? Hier könnte ich das mal zu meinem Vorteil nutzen. Der Umzug nach Bremen hat mich ja schon um genug Feiertage gebracht. Zu dumm nur, dass die einzigen Feiertage, die für mich in Frage kommen (Allerheiligen und Allerseelen), auf einen Samstag und Sonntag fallen. Herrgott! Sonntag, 28. September 2008Wortgefechte Part 1
Alle vier Jahre trifft sich die amerikanische Fernsehnation einige Wochen vor der Präsidentschaftswahl und verfolgt die Presidential Debates. Gestern Abend war es soweit, die erste der drei Debatten zwischen John McCain und Barack Obama fand in Mississippi statt. Die Debatte verfolge ich zusammen mit ungefähr 40 anderen Studenten in der Cafeteria des Tenley Campus.
Die Regeln für die Debatte sind relativ streng. Die Themen werden vom Moderator Jim Lehrer vorgegeben und die Kandidaten haben strikte Zeitvorgaben für ihre Antworten. Das Publikum ist zum Stillschweigen verpflichtet. Natürlich beginnt die Debatte mit dem Thema, dass die USA momentan am meisten bewegt, die Finanzkrise. Das eigentliche Thema des Abends ist Außenpolitik. Es dauert lange bis der Moderator den Bogen dorthin schlägt. Generell scheint es Jim Lehrer etwas an Durchsetzungsvermögen zu fehlen. Obama und McCain schaffen es immer noch eine letzte Antwort zu geben. Sehr lustig fand ich besonders den Versuch (der kläglich scheiterte), eine direkte Debatte zwischen den beiden Kontrahenten zu entfachen. Wie habe ich hierüber gelacht: OBAMA: you know, 10 days ago, John said that the fundamentals of the economy are sound. Die Debatte selbst war allerdings wenig spektakulär. Während sich Obama hauptsächlich auf seine Kompetenz in den Sachthemen verlies, konterte McCain mit seinem Voting Record, das er nach mehreren Jahren im Senat vorzuweisen hat. Also alles wie erwartet. Ich hoffe, die nächste Debatte wird spannender und es geht auch ein klarer Sieger hervor. Zum Aufwärmen war das ganz nett, aber eine Steigerung wäre noch besser. Ach ja und in der Zwischenzeit amüsiere ich mich mal wieder über Frau Palin und ihre riesige Kompetenz in Sachen Außenpolitik... Mittwoch, 24. September 2008Go Nats, Go!
Was ein echter Amerikaner ist, der ist ein begeisterter Sportler. Zumindest ein begeisterter Zuschauer bei sportlichen Tätigkeiten. Großer Beliebtheit erfreuen sich hier Baseball, Football und Basketball und natürlich hat DC auch für jede Sportart ein Team in den obersten Liegen des Landes. Ein Baseballspiel der Washington Nationals war also Pflichtprogramm.
Das Stadion der Nats liegt im Süden der Stadt, direkt am Anacostia River und am Navy Yard. Die Karten sind für Studenten recht erschwinglich. Die billigsten Plätze hoch oben in den Rängen des Stadions kosten gerade mal $5. Da bei einem Baseballspiel eh nicht so viel passiert, macht es auch überhaupt nichts aus, dass man nicht so nah dran ist. Viel wichtiger als das Spiel ist sowieso das drum herum. Eigentlich ist es mehr ein Familienereignis, bei dem es darum geht Zeit mit Freunden zu verbringen und sich ordentlich den Bauch mit jeder Menge ungesundem Essen voll zuschlagen. Das haben wir natürlich auch gleich mal getan. Chicken Tenders mit Fries und eine Cola (Ich will gar nicht wissen, wie viel Fett und Kalorien da drin waren). Das wunderbare Essen im Stadion. Fettig, teuer, aber gut. Die Zeremonien rund um das Spiel sind wohl lange Traditionen. Wir erreichen das Stadion gerade rechtzeitig zum Absingen der National Antheme. Vor jedem sportlichen Ereignis (sogar in den College- oder High School Liegen) wird die Nationalhymne von einem/r ausgewählten Sänger/in gesungen und die Flagge präsentiert. Während den Spielpausen werden dann auch Soldaten, die aus dem Irak zurückgekehrt sind begrüßt. Das ist etwas surreal, denn zwischen all der guten Laune im Stadion wirkt das Thema Irakkrieg wie ein Fremdkörper. Aber es scheint wohl mittlerweile zum amerikanischen Alltag zu gehören. Was gibt es zum Spiel selbst zu sagen? Wohl nicht viel, zumal ich keine Ahnung von den Regeln habe. Sie sind auch ziemlich kompliziert und deswegen überlasse ich die Erklärung den Freunden von Wikipedia. Prinzipiell ist Baseball aber wie Brennball. Die Nats sind an diesem Tag ganz gut in Form. Bringt leider nicht allzu viel, denn ein Baseballspiel geht über mehrere Tage und die New York Mets sind schließlich eines der besten Teams der Liga. Nach 4 Tagen erfahre ich dann endlich, dass die Nats am Ende doch verloren haben. Schade! Das Stadion der Washington Nationals am Anacostia River Freitag, 19. September 2008"The Wings are not on fire"
In genau drei Monaten und wenigen Stunden werde ich den Rückweg nach Deutschland antreten. Ich hoffe nur, dass mir auf dem Flug von New York’s JFK nach Frankfurt diese beiden Spaßvögel nicht begegnen...
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