Als Helmut Schmidt den Saal betritt, brandet Applaus auf. Die mehreren tausend Menschen in der Bremer Stadthalle erheben sich, aus Ehrerbietung - und weil man den gebeugt gehenden 90-Jährigen sonst nicht sehen kann. Verdeckt ist er von den Fotografen, bis er die Stufen zur Bühne erklommen hat. Schmidt war zum Kirchentag gekommen, um mit Weltbankpräsident
Robert Zoellick über “Verantwortung in der globalen Krise” zu sprechen.
Doch das Wort Verantwortung fiel vorerst nicht. Schmidt stimmte zunächst in den Kanon ein, dass das “Ende der Weltwirtschaftskrise nicht in Sicht” sei. Allerdings hatte der Altkanzler auch gleich Lösungvorschläge zur Hand. Drei Methoden würden die akuten Probleme eindämmen. Erstens müssten die Banken mit frischem Kapital ausgestattet werden, zweitens ein verlässliches System zur Überwachung und Regulierung des Finanzmarktes eingeführt werden und drittens durch eine expansive Geld- und Haushaltspolitik die Nachfrage stimuliert werden. Eine Position mit der Zoellick übereinstimmte. Es sollte nicht die letzte bleiben. Überhaupt würde er in Wirtschaftsfragen der “deutschen Position näher stehen” als viele seiner amerikanischen Kollegen. Er bezog sich dabei auf die
Regulierung der Wirtschaft in Abgrenzung zum nordamerikanischen Neo-Liberalismus.
Robert Zoellick ging dann dazu über, die Programme der Weltbank zu loben.
Mikrokredite seien ein sinnvoller Weg, die Armut in Schwellen- und Dritte-Welt-Ländern zu bekämpfen. Hier könne sich auch Deutschland stärker engagieren und würde seiner - Obacht - Verantwortung nachkommen.
Doch wer hat nun Schuld an der Krise? Die Bänker, wenn es nach Schmidt geht, und auch die Politiker. Denn letztere hätten es versäumt, Verkehrsregeln für den Finanzmarkt zu schaffen.
Aber, und dies war eine Frage aus dem Publikum, das über Zettel Themenvorschläge einbringen konnte, bietet die Krise nicht die Möglichkeit eigene Positionen grundlegender zu überdenken? Brauchen wir wirklich so viel Wachstum? Ja, meinten beide - aus unterschiedlichen Gründen. Schmidt kanzelte die Idee als Spinnerei eines “Oberstudienrats” ab, der in seinem Studierzimmer sitze und womöglich noch “eine Pension aus der Staatskasse” erhalte. Zoellick wies darauf hin, dass ohne Wachstum in ärmeren Ländern keine Entwicklung möglich sei.
Antworten, die über Bestehendes hinausgingen, gab es einfach nicht. Beide waren sich fast immer einig. Und daran krankte das Gespräch. Denn am Ende blieb nicht mehr als die Erkenntnis, dass selbst der Chef der Weltbank kaum andere Ideen hat, als der “Verantwortung” durch die Vergabe von Mikrokrediten nachzukommen.