Der amerikanische Ökonom Tyler Cowen, den ich vor allem als Autor des sehr empfehlenswerten Blogs
Marginal Revolution kenne, hielt Dienstag einen Gastvortrag am Nordamerika-Institut der FU Berlin.
Unter der Fragestellung, ob das Wirtschaftsmodell der USA in Zukunft bestehen bleiben wird, sprach Cowen mindestens ebenso viel über Deutschland und die EU. Kurz und knapp lassen sich seine Thesen vom Dienstag so zusammenfassen:
- in den USA gibt es verschiedenen Meinungen zu den Deutschen; das Lager um Paul Krugman fordert mehr Staatsausgaben, um die Wirtschaft zu stimulieren; Cowen und Co. bewundern die durch gesenkte Löhne erreichte Exportstärke und die (relative) Haushaltsdisziplin in Deutschland
- in den USA und global wird auf absehbare Zeit nichts mehr getan werden: die Amerikaner werden nicht zuletzt wegen der Wahlen abwarten und weder Stimulus noch Regulierung vorantreiben, bei Basel III werden u.a. die Deutschen gegen höhere Eigenkapital-Anforderungen an die Banken stimmen
- mittel- und langfristig werden die Politiken in den USA und Deutschland sich annähern, weil beide Völker immer höhere Gesundheitskosten und immer mehr Einwanderer haben werden; die USA werden die Mehrwertsteuer bundesweit einführen müssen (spätestens unter “President Palin”), die Deutschen werden weniger Transferleistungen anstreben
Auf die (“sehr deutsche”) Frage, warum er denn gerade Deutschland als eines der erfolgreichsten Land der letzten Jahrzehnte ansehe, antwortete Cowen mit einem sehr anschaulichen Beispiel: Wenn Du fünf Favoriten für das Land angeben könntest, in dem Du morgen geboren wirst, wäre Deutschland dann etwa nicht dabei?
Insgesamt wurde deutlich, dass der Professor kein großes Vertrauen in die Gestaltungskraft der jetzigen Regierungen hat. Man werde sich “durchwurschteln” und in den USA erst einmal den nächsten Crash riskieren, ehe dann mehr Steuern und mehr Arbeitslosigkeit ins Haus stehen. Die Wirtschaft werde langsamer wachsen als früher, während die Kosten für Alter und Gesundheit bis auf 40% des BIP anwachsen.
Rosige Zeiten.
Am fünften Juli spricht Cowen übrigens in Potsdam über die Finanzkrise. Ich halte ihn für einen klugen und unterhaltsamen Redner, empfehle den Termin also für alle aus dem Umland.