Natürlich ist es peinlich, jemanden
erst abzumahnen, dann über
das riesige Medienecho zu erschrecken und die Abmahnung schließlich
still und heimlich wieder zurückzuziehen.
Aber wieso hacken jetzt wieder alle auf Herrn Mehdorn herum, als ob er höchstpersönlich im Müll jedes einzelnen Mitarbeiters gewühlt hätte? Oder als ob er den Brief an Markus Beckedahl selbst zur Post (auch so ein ganz, ganz fieser Großkonzern!) gebracht hätte?
Diese dauernde Personalisierung ist genau so weltfremd wie die Vorstellungen der Bahn-Rechtsabteilung zum Thema “Blogger”. Ich schließe mich jedenfalls der taz an,
Mehdorn muss bleiben!
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Zum Verlauf des Falls hat Ralf Bendrath einen längeren Text veröffentlicht, wieder auf netzpolitik.org (
“Was lernen wir daraus?”). Mir spricht vor allem ein Absatz aus der Seele:
[E]s würde der Netzgemeinde gut tun, auch im Einzelfall zu entscheiden, ob man den „weil wir es können“-Reflex auspackt oder ob man die fragliche Information doch lieber nicht so breit streut. Es geht nämlich immer auch um die Frage, was da inhaltlich verbreitet wird, nicht nur darum, dass irgendwer versucht, die Verbreitung zu verhindern. Die alte Daumenregel des CCC stimmt dabei auch heute noch: „Öffentliche Daten nützen, private Daten schützen.“
Wenn morgen das Ergebnis von Christoph Daums Haarprobe im Originaltext online auftaucht oder die Krankenakte der Bundeskanzlerin, was ist dann?
Ein weniger hypothetisches Beispiel sind Daten aus geschlossenen Foren. In einem Diskussionsforum für Polizeibeamte hatten ein paar Leute ziemlichen Mist diskutiert, außerdem war gerade G8 und die Staatsmacht sowieso nicht allzu beliebt. Also hat
jemand die Daten geklaut und komplett veröffentlicht, inklusive der harmlosen Teile und persönlichen Daten aller Nutzer. Ist das okay, oder übers Ziel hinausgeschossen?
Ich will nur sagen: Es wäre heuchlerisch,
über Vorratsdatenspeicherung zu schimpfen und die BILD
für ihren Umgang mit Datenschutz zu kritisieren, gleichzeitig aber blindlings die Rechte jedes (vermeintlichen) Goliaths mit Füßen zu treten.
(Im Fall Bahn vs. Netzpolitik bin ich trotzdem auf “Davids” Seite, damit das klar ist!)