Heute ist das ganz einfach. Wenn einem etwas an diesem Eintrag nicht gefällt, klickt man unten auf “Kommentieren” und schreibt schlimme Sachen. Oder man schreibt, noch schlimmer, seine eigene Meinung. Früher, da war das alles ganz anders. Damals, manche würden das vielleicht “die gute alte Zeit” nennen, da schrieb man Leserbriefe. Auf Papier, mit der Hand oder mit der Schreibmaschine.
Ich gebe zu, das habe ich auch nur gehört, so alt bin ich ja gar nicht. Aber manche Leute, die machen das noch so. Zum Beispiel der 92-jährige Mann, der regelmäßig an die Zeitung schreibt, für die ich gerade arbeite. Meist lässt er sich über politisches aus. Heute nicht. Heute ging es ihm um die Ernährung. Die gesunde Ernährung. Und hier können wir alle etwas lernen, denn der Mann hat ein Geheimrezept:
Ich esse jeden Morgen meine Haferflocken in Milch gekocht und füge diesen hinzu: Zwei Backpflaumen, drei Datteln, je einen Teelöffel zermahlenen Soja, Kürbiskerne, Leinsamen, Nüsse und Sonnenblumenkerne. Mittags esse ich meistens Suppen, weil diese von einem alleinstehenden Mann am einfachsten zubereitet werden und in Tagesportionen eingefroren werden können, die dann nach Belieben auf den Tisch kommen – mit viel Gemüse aus dem eigenen Garten angereichert. Nach dem obligatorischen dreißigminütigen Mittagsschlaf freue ich mich schon auf eine fast volle Tasse Kaffee und ein Stück Kuchen. Das wär‘s in der Hauptsache! Meldet sich doch noch ein wenig der Appetit, schnökere ich nur andeutungsweise etwas herum, wobei der Apfel natürlich nicht fehlen sollte.
Besonders die Haferflocken klingen sehr verlockend.
An dieser Stelle möchte ich etwas einschieben, da vielleicht nicht jedem klar sein mag, was das hier soll: Kanada ist fett! Deutschland ist fett! Am Fettesten sind die
USA. Alle sind fett! Würden die sich doch so gesund ernähren wie der Briefeschreiber, sähe das bestimmt anders aus. Doch werfen wir mal einen Blick auf meinen Speiseplan von heute:
Zum Frühstück aß ich zunächst nichts, da ich - wie immer - in höchster Zeitnot zum Bus eilen musste. Ein Erdnussbutter-Marmeladen-Sandwich hatte ich aber immerhin dabei, sogar Vollkorntoast. Das spülte ich bei der Arbeit mit zwei Bechern Kaffee - stark, schwarz - herunter. Lunch, oder “Mittach”, wie ich zu sagen pflege, wurde auswärts besorgt:
Smoked-Meat-Sandwich mit Fritten und Krautsalat. Weil ich keinen Krautsalat mag, ließ ich ihn liegen. Begleitgetränk: Pepsi, knapp 600 Milliliter. Auf einen Kaffee nach dem Essen wurde verzichtet. Zum Abendbrot: zwei Bagels. Andeutungsweise herumgeschnökert habe ich heute nicht, der Apfel gehört ohnehin nicht dazu.
Bin ich jetzt auf dem Weg zum
Tofi? Der Brief schloss übrigens mit einem letzten Tipp ab:
Es gibt keine bessere Pille als „FdH"!
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Ich glaube, Steven Fry meinte neulich in einer Show, dass er beim Lesen im Netz grundsätzlich alles unter dem eigentlichen Artikel mit der freien Hand abschirmt, um sich vor den hirnlosen Kommentaren zu schützen.