Im Eingang meines Wohnhauses in Budapest hängt ein eiserner, nach oben offener Postkasten. Normalerweise gehe ich achtlos daran vorbei... Moment, Budapest? Ja, Budapest. Nein, nicht Montréal, nicht Boston oder New York. Da war ich zwischendurch. Immer, wenn ich das sage, komme ich mir vor wie ein wichtigtuerischer Möchtegernglobetrotter. Also: Jetzt Budapest. Globetrotter. Schon wieder. Aber zumindest sind jetzt alle auf dem gleichen Stand.
Zurück zum Thema: Der Postkasten vor dem Haus. Normalerweise gehe ich, wie gesagt, achtlos daran vorbei, denn er ist vollgestopft mit Prospekten und Werbeflyern. Das verstehe ich alles nicht, ist schließlich alles auf Ungarisch. (Habe ich erwähnt, dass ich für drei Monate in einem Land lebe, dessen Sprache ich absolut nicht verstehe?) Doch ausnahmsweise schaute ich in den Kasten und sah etwas, das ich verstand. Ein Buch, eher: dessen Rückseite. “Klepper-Faltboot-Werke GmbH, Rosenheim” stand dort, Klepper-Faltboot-Werke mit diesem altmodischen doppelten Bindestrich getrennt. Ich nahm das Buch, drehte es um und sah einen ordentlichen deutschen Jungen, blond und so. “Super”, dachte ich, “deutsch sein ist ja gerade voll angesagt!” Leider, fiel mir dann auf, ist die WM vorbei. Wieder einen Trend verpasst. Verdammt!
In den nächsten Tagen werde ich mich nun, da der Fußball vorerst nicht mehr meinen Tag strukturiert, zum Studium dieser literarischen Köstlichkeit, die sich beim Umdrehen als “Das Kajak-Faltboot” von
Alfred Heurich, Erstausgabe 1923, entpuppt hat, zurückziehen. Trotzdem werde ich versuchen, diesem Blog wieder etwas mehr Leben einzuhauchen. Es tut mir wirklich leid, dass ich so unproduktiv war. Wirklich. Mea culpa.
Und als kleine Hausaufgabe für die Leser bittet Lehrer Wede noch um die Interpretation folgender Textstelle aus oben genanntem Werk:
In Jena steigt ein Student ein. Die matten Augen von schlaffen Falten gerändert. Der Blick stumpf und doch herausfordernd. Der verflossene Typ des Bierstudenten. Der treibt keinen Sport. Glaubt vielleicht, daß auch heute noch die Führer der Nation hinterm Biertisch wachsen. Wird sich irren!
Paddeln ma’s an!
Jetzt kennt ihr alle nicht Patty. Aber diese Textzeile erinnert mich sofort an ihn. Kurzer Abriss: Patty studierte in Jena Jura. Er treibt kein Sport. Er war dort in einer Burschenschaft und hat viiiiel getrunken. Passt irgendwie alles zusammen!