Ich sah das Unheil kommen: Ein Freitagabend im Regionalexpress von Bremen nach Hannover. Die Tür zum nächsten Waggon öffnet sich, kichernd schiebt sich eine pummelige, ungefähr 35 Jahre alte Frau in einem engen gelben T-Shirt hindurch. Sie sieht aus wie ein überdimensionierter Tennisball mit Füßen dran. In der Hand trägt sie einen dieser geflochtenen Körbe, mit denen Omas früher immer Einkaufen gegangen sind. Hinter ihr drängen zwei weitere Damen nach, ebenfalls in Gelb gekleidet. Der Tennisball ruft: “Hallo! Wir feiern Junggesellinnennen...” - das Sprechen fällt ihr ein wenig schwer - “...nenabschied!” Dann erläutert sie mir und den anderen Fahrgästen laut (besonders) und deutlich (weniger), was jetzt passieren soll: “Ich soll hier ‘ne Aufgabe lösen. Ich soll zwei Strings versteigern!”
“Ah ja”, denke ich. “Beim nächsten Halt musst Du raus und jetzt kommen die hier an und versteigern Strings.” Zweiter Gedanke: “Hoffentlich hat sie die nicht schon getragen.” Der Tennisball rollt in der Zwischenzeit weiter den Gang entlang und versucht erfolglos, die Unterwäsche an den Mann oder die Frau zu bringen.
Doch drei Damen sind natürlich nicht genug für einen zünftigen Junggesellinnennenabschied. Aus dem anderen Wagen strömen einige weitere Frauen nach. Ich habe den Blick inzwischen auf die Scheibe gerichtet. Draußen ist es stockfinster, aber so spiegelt sich das Geschehen drinnen perfekt - Glotzen für Amateure und solche, die es werden wollen. Die Nachhut ist derweil nähergekommen und postiert sich direkt neben meiner Sitzreihe.
Eine etwas jüngere Partymaus hebt an: “Verehrte Fahrgäste”, bölkt sie in bester Bahnhofsdurchsagermanier in mein Ohr und durch den Waggon, “Sie werden jetzt leider belästigt!” Die anderen Damen kichern. Mir steigt der Geruch aus den weißen Plastikbechern der Frauen in die Nase. Es riecht nach einer Mischung aus Sekt, Baileys und irgendwelchem anderen Fusel. Vorne hat der kur vor der Vermählung stehende Tennisball immer noch kein Unterhöschen verkaufen können. Der Rest schiebt nach, sie wollen weiter. “Verehrte Fahrgäste, Sie werden jetzt leider belästigt”, heißt es wieder. Wieder wird gekichert. Sie gehen langsam weiter.
Nach der letzten Frau schäle ich mich aus meinem Sitz und gehe zur Tür. Der Zug fährt in den Bahnhof ein, die Türen öffnen sich langsam. Aus dem Waggon höre ich nur noch: “Verehrte Fahrgäste, Sie werden jetzt leider...” - der Rest geht im Damengekicher unter. Ich steige aus.
da bekommt doch das Spiel PONG eine ganz andere Bedeutung!
Großartig!