Dienstag, 14. Oktober 2008Wortgefechte Part 2 und 3
Ja, ich weiß, ich hänge etwas hinterher. Die Debatte der Vizekandidaten ist schon ein einhalb Wochen her und auch die zweite Obama – McCain-Debatte fand schon vor einer gefühlte Ewigkeit statt. Die Schuld ist bei meinem Professor (dem friendly frustrated Latin-American Dictator, wie er sich selbst nennt) zu suchen. Am Mittwoch hatte ich das erste Midtermexam zu überstehen und da musste der Präsidentschaftswahlkampf hinter Models of Decision-making und Schools of Thought in der Amerikanischen Außenpolitik anstehen. Das erste Wochenende in vorübergehender „Freiheit“ habe ich dann auch genutzt, um mit den wichtigen politischen Ereignissen aufzuholen. Gesagt, getan!
Fangen wir vorne an, bei Biden versus Palin, ein mit großer Spannung erwartetes Duell. Von Palin wurden gröbere Patzer in Sachen Außenpolitik (aber das kennen wir ja schon) erwartet, Biden wurde davor gewarnt zu geschwätzig und zu herablassend zu wirken. Von Anfang an war die Differenz zwischen den beiden Kandidaten erkennbar. Ich würde sie mal als „das Schulmädchen und den Staatsmann“ bezeichnen. Allein schon das erste Aufeinandertreffen der beiden Kandidaten machte das deutlich. Ich habe mal wieder gelacht, als Sarah Palins erste Frage an Senator Biden „Hey, can I call you Joe?“ war. Bidens Antwort ist leider in den TV-Aufnahmen nicht zu verstehen und auch das Transcript gibt keinen Aufschluss. Ein weiteres mal war ich von Frau Palins großartigem argumentativem und logischem Talent erstaunt als es um Bildung ging: (zu Biden) „I know education you are passionate about with your wife being a teacher for 30 years, and god bless her. Her reward will be in heaven, right?“ Klar, in den USA lässt sich ja alles mit Glauben bezahlen. Die Debatte sonst war ganz interessant. Vor allem das Thema Außenpolitik war natürlich aus meiner Sicht spannend. Ich muss offen zugeben: Sarah Palin hat sich ganz gut geschlagen; besser als ich erwartet habe. Schade! Ich hatte mich so auf Ausrutscher gefreut. Trotzdem war es ein meilenweiter Unterschied zwischen der Governor aus Alaska und dem Senator aus Delaware. Deutlich wurde dies, wenn es um das Voting Record ging. Palin pries immer wieder die Abstimmungen McCains an, dass er gegen Steuererhöhungen und für eine Erhöhung der Truppenfinanzierung gestimmt habe. Peinlich und auch irgendwie lustig wird’s dann, wenn Biden darauf antwortet. Im Gegensatz zu Palin war er nämlich vor Ort im Senat und kann erklären worum es wirklich in den Bills ging und korrigiert auch ab und zu Palins Aussagen. Auch hier zeigt sich mal wieder: die eine redet über Politik, der andere macht schon seit einer Weile Politik. Das Schulmädchen und der Staatsmann eben. Das zweite Aufeinandertreffen zwischen Obama und McCain fand wenige Tagen nach der Vizepräsidentendebatte statt. Dieses Mal galten andere Regeln. Das Publikum stellte die Fragen und alle Bürger hatten die Möglichkeit, per email ihre Fragen einzusenden. Die Auswahl traf der großartige Moderator Tom Brokaw von NBC News. Von den beiden Kandidaten war ich allerdings eher enttäuscht. Diese Form der Debatte ist großartig, um bei den Wählern als offen, unkompliziert und bürgernah zu punkten. Aber wirklich genutzt hat weder Obama, noch McCain diese Chance. Wenn Bürger eine Frage stellen, dann sollte man sie auch beantworten und das nicht als Einladung nutzen, um über sein Voting Record und seine großartigen Pläne, die man für die Präsidentschaft hat, zu philosophieren. (Geht mir bei vielen meiner Guest Speaker genauso! Beantwortet doch einfach mal meine Frage, so schwer kann das doch nicht sein!) Was die Kandidaten zu sagen haben, ändert sich wohl kaum bis zur Wahl. Um so langweiliger wird es, wenn man zum fünften Mal McCains Vorwurf hört, dass sich Obama ohne Vorbedingungen mit Irans Präsidenten Ahamadineschad zu Gesprächen treffen würde und man zum fünften Mal die selbe Antwort von Obama hört. Also war auch dieses Duell wenig spektakulär. Einen kleinen Aussetzer gönnte sich McCain aber dann doch: By the way, my friends, I know you grow a little weary with this back-and-forth. It was an energy bill on the floor of the Senate loaded down with goodies, billions for the oil companies, and it was sponsored by Bush and Cheney. (Wer möchte kann sich das auch gerne in Bild und Ton anschauen) Es gibt sicher irgendwo ganz genaue Zahlen darüber, ob diese überhaus herablassende Antwort geschadet hat. Ich bin mir allerdings auch ohne ziemlich sicher, dass sie nicht zu seinem Vorteil ausgelegt wird. (Wie ich heute glesen habe, wir dieser Fingerzeig von den Kritikern als Verletzung der politischen Höflichkeit gewertet.) Politik hin, kritische und kontroverse Debatte her. Das Ende dieses Aufeinandertreffens zeigte dann allerdings auch, worum es in diesem Wahlkampf wirklich geht: die perfekte mediale Inszenierung. Und dabei stehen einem die Kandidaten auch ab und zu im Weg... |
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Danke für die Zusammenfassung und für das Video zum Schluss, ich starte jetzt fröhlich in den Tag.
http://www.nbc.com/Saturday_Night_Live/video/clips/update-thursday-debate-open/742065/